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Erker = Dachgaube? Wo genau liegen eigentlich die Unterschiede?

Autor(en): Redaktion.

Wo genau liegen die Unterschiede bezüglich eines Erkers gegenüber einer Dachgauben? Eine Metadiskusuion.

I. Frage: Was ist eigentlich genau ein Erker?

In unserer Region wird fast auf jeder Baustelle und von ziemlich jedem Zimmerer oder Dachdecker eine Gaube als »Erker« bezeichnet. Unser Fachlehrer hingegen verteidigt geradezu besessen seine alternative Meinung, dass eine Gaube strenggenommen nicht gleichzeitig ein Erker sein kann und begründet seine These aus der Baugeschichte heraus.

Er meint:
Ein Erker ist ein vorspringender Anbau aus der (lotrechten) Fassade eines Gebäudes heraus, wie er häufig bei älteren Gebäuden zu sehen ist. Eine Dachgaube hingegen soll eine Gaube bleiben, da es sich hier eben um einen zusätzlichen Dachaufbau handelt.

Es geht hier sicher nicht um eine Frage von fundamentalster Bedeutung, trotzdem aber interessiert es uns. Wer hat Recht? Wer fühlt sich von Euch kompetent zu einer Stellungnahme?

II. Antwort von Erhard Renner. (Quelle: HiAZ).


Abbildung 1. »Beispiel eines Erkers«.

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1. Ein Beispiel:

Das Bild zeigt den Erker der wertvollen Renaissance-Fassade des »Kaiserhauses« in Hildesheim. Es wurde nicht zuletzt deshalb von uns ausgewählt, weil Steve Müller das Glück hatte, innerhalb der Restaurierungsarbeiten an der Kaiserhausfassade beim Bau des etwas ungewöhnlichen geschweiften Erkerdaches dabei zu sein. Sein Bericht darüber wird also demnächst an dieser Stelle erscheinen.

Außerdem ist geplant, ein etwas verkleinertes Modell des Daches mit einem nachfolgenden Zimmerer-Jahrgang als sicherlich interessante Übung zum Bereich Schiftung / Vergatterung nachzubauen.

2. Eine genaue Definition:

Es gibt verschiedene Formen des Erkers: Grundsätzlich ist er ein geschlossener, überdachter Ausbau an der Fassade eines Hauses. Das ist aber auch eine Utlucht (Auslucht). Sie wird aber vom Boden her hochgebaut. Reicht sie bis ins Dach, so nennt man sie »Risalit«.

Erker waren z.B. im Mittelalter an Wehrbauten beliebt. Zum einen konnte man von ihnen aus die Mauer besser übersehen und mögliche Angreifer zielsicher mit Wurfgeschossen wie »Pechnasen« (siehe Anmerkung von M. Schaal) bekämpfen. Zum anderen diente der nach unten offene Erker der Erleichterung, also als Toilette.

Ganz anderen Zwecken diente das »Chörlein«. Ein Kirchgebot untersagte das Wohnen über dem Altar, also wurde er in einer Kapellen-Nische nach außen verlegt. In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden Erker und Utluchten sozusagen schick. Die Flut von An- und Neubauten führte allerdings dazu, dass die ohnehin schmalen Straßen immer mehr eingeengt wurden. So wurden 1591 und 1612 in Hildesheim Ratsbeschlüsse gefasst, nach denen die Baupläne der Genehmigung unterlagen. Schließlich wurden Utluchten verboten und der Abstand des Erkerbodens zum Straßenniveau so festgelegt, dass ein Fuder Heu darunter vorgeführt werden kann.

III. Eine Anmerkung von M. Schaal.


Abbildung 2. »Mittelalterliche Pechnase«.

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... musste ich doch herzhaft lachen. Also, die Vorstellung, dass jemand eine Pechnase als Wurfgeschoss eingesetzt hat, finde ich urkomisch. Bei einer Pechnase handelt es sich keineswegs um ein Wurfgeschoss, sondern, laut Burgenkunde von Otto Pieper (ein geniales Buch, das ich jedem Burgenfreund empfehlen kann) um ...ein Erker an der Ringmauer oder anderen Wehrbauten (Tor) mit senkrechtem Schacht zum Begießen oder Bewerfen des Feindes am Mauerfuß. Zur Verdeutlichung die begefügte Skizze!

Unser Kommentar: So ist ist das halt mit den Fachbegriffen.

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